
Die erste Reise als frisch gekürter EU-Kommissar für Migration und Inneres hat Magnus Brunner (ÖVP) nach Schengen geführt, ein luxemburgisches Dorf mit knapp 700 Einwohnern und Namensgeber für das Schengener Abkommen für das Ende von Grenzkontrollen innerhalb Europas.
Nächste Woche soll der vollständige Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien in Brüssel beschlossen werden. Österreich hatte sein Veto jüngst aufgehoben. Rumänien und Bulgarien hätten ihre Hausaufgaben erledigt, sagte Brunner im Rahmen des 16. Europäischen Mediengipfels in Lech am Arlberg: „Schengen geht jetzt Gott sei Dank in die richtige Richtung“.
EU-Defizitverfahren gegen Österreich
Würde er sich als ehemaliger Finanzminister bei einem EU-Defizitverfahren gegen Österreich - wie Ende November im EU-Parlament angekündigt - der Stimme enthalten? Brunner hoffe, dass es zu keinem Verfahren komme. Die neue Bundesregierung werde in Brüssel entsprechende Maßnahmen zur Korrektur des Budgetdefizits vorlegen.
Die nächste Bundesregierung müsse jedenfalls den Sparstift ansetzen. „Die wirtschaftliche Lage ist bescheiden, um es vorsichtig auszudrücken“, resümiert Brunner. "Wir haben zu viel ausgegeben.” Es stelle sich jedoch die Frage, "wo man hätte weniger ausgeben können".
Brunner verweist u.a. auf den Finanzausgleich, Mehrbedarf an Mittel im Bildungs- und Pflegebereich und die Abschaffung der kalten Progression. Auch in der Verteidigungspolitik würden aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mehr Mittel benötigt. Es sei “das schizophrene Dilemma eines Finanzministers”, mehr Geld zur Verfügung stellen und gleichzeitig sparen zu wollen.
Sieht viel Einsparungspotenzial
Empfehlungen wolle er der künftigen Bundesregierung zwar keine auf den Weg mitgeben, Einsparungspotenzial gebe es aber jedenfalls im Förderwesen. Die Förderquote liege in Österreich um 0,7 Prozentpunkte höher als die europäische. Hier könnten 3,5 Milliarden Euro eingespart werden.
Potenzial sieht er auch beim Klimabonus, der „zumindest nicht so stark erhöht werden sollte, wie er erhöht worden ist“. Auch die soziale Staffelung sei nicht gelungen. Was er von einer Erhöhung der Grundsteuer halte, wie sie zuletzt auch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ins Spiel gebracht wurde? „Den Weg kann man gehen“, so Brunner. “Damit macht man aber kein Budget sauber.” Grundsätzlich stehe er Steuererhöhungen aber skeptisch gegenüber. Schließlich gebe es viele Einsparungspotenziale.
In seiner neuen Aufgabe als EU-Kommissar sollen ihn in den nächsten zwei Wochen Pläne der Mitgliedsstaaten zur Umsetzung des Asyl- und Migrationsakts erreichen. In den vergangenen Jahren hätten Mitglieder bei der Migrationsfrage unterschiedliche Aktionen gesetzt, die nicht abgesprochen waren.
Asylzentren an den EU-Außengrenzen
Bezüglich Asylzentren an den EU-Außengrenzen zeigte sich Brunner offen. Die internationale Gesetzgebung müsse jedenfalls gewahrt werden. Die Asylzentren könnten daher wohl nur für Menschen mit negativen Asylbescheiden gelten. Auch die Frage, welche Staaten als sichere Drittstaaten gelten, sei noch offen.
Wichtig sei jedenfalls, Fluchtrouten im Blick zu behalten. „Wenn Flüchtlinge am Mittelmeer landen, ist es zu spät“, betonte Brunner. „Dann ist es gefährlich, dann passieren auch Todesfälle, zum Beispiel auch im Ärmelkanal.“
Für eine mögliche neue Flüchtlingswelle aus Nahost müsse man sich wappnen. „Das ist eines der meistdiskutierten Themen momentan.“
Redaktion: Elisabeth Kröpfl
Kategorie: Artikel
Datum: 07.12.2024
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